Eine Hommage an den Frankfurter Kiosk
Was wäre Frankfurt ohne seine Trinkhallen? Wenn in München die Büdchen längst geschlossen haben, blühen Frankfurter Kioske erst auf. Aber sie sind mehr als nur „Spätis“ – sie sind ein Ort der Begegnung.
Nüchterne Buden
Trinkhallen oder Wasserhäuschen sind fester Bestandteil der Frankfurter Stadtkultur. Diese Kioske haben eine lange Tradition und prägen noch heute das Leben in der Stadt mit. Wir sind begeistert von unserer Kioskkultur und geben hier einen kleinen Überblick zu diesem Phänomen. Entstanden sind Trinkhallen während der Industrialisierung, also Mitte des 19. Jahrhunderts in Städten wie Düsseldorf oder Aachen.
Anders als der Name heute vermuten lässt ging es aber nicht ums Trinken von alkoholischen Getränken wie in einer Kneipe. Den Arbeitern sollte hier sauberes Trinkwasser in Form von Mineralwasser zur Verfügung gestellt werden. Leitungswasser war ohne vorheriges abkochen nicht für den Verzehr geeignet und es war durchaus üblich in den Arbeitspausen Branntwein oder Bier zu trinken, was teilweise sogar vom Arbeitgeber unterstützt wurde. Mineralwasserhersteller sahen hier Absatzpotential und Vertreter der Kommunen die Möglichkeit den Alkoholkonsum unter Arbeitern einzudämmen. Anfänglich wurden auch Heilwässer ausgegeben, und Trinkhallen somit zum „Kurort“ für Arbeiter.
Ein Gropiusbau für Selters und Milch
Martin Gropius prägte mit seinen Entwürfen einer Trinkhalle das Erscheinungsbild dieser kleinen Häuschen mit. Das weitverbreitete Mineralwasser aus der Seltersquelle im Taunus führte in manchen Gegenden zu dem Begriff Seltersbuden, in Frankfurt spricht man aber meist von Wasserhäuschen.
Es wurden übrigens auch Milchbuden eröffnet, aber die konnten sich nicht etablieren, dieses Projekt müssten wir wohl selbst nochmal angehen.
Von der Arbeiterkur zum Freizeittreff und Kulturgut
Die Wasserhäuschen wiederum erweiterten ihr Sortiment um Zeitungen, kleine Speisen, süßes, Tabakwaren und Kleinigkeiten des alltäglichen Bedarfs. Sie sind also kleine Versorgungsstationen, die fast zu jeder Zeit für uns da sind. Und für uns da sind nicht nur die Produkte, sondern auch die Betreiber und die anderen Besucher. Ein Wasserhäuschen wird durch die Menschen zu einem sozialen Knotenpunkt in der Stadt. Anders als früher versorgt man sich weniger in den Pausen mit alkoholfreien Getränken, eher werden die kleinen Buden nach der Arbeit zum beliebten Treffpunkt, um gemeinsam ein Feierabendbier zu trinken. Einige Wasserhäuschen haben sich auf diesen Aspekt spezialisiert wie das Gudes, ein beliebter Treffpunkt im Nordend. Das Fein lädt auch zu Kaffee und Kuchen, Sofas rund um das Wasserhäuschen machen es zum Freiluft Wohnzimmer. Auch ohne Spezialitäten sind die Frankfurter Trinkhallen immer einen Besuch wert. Liebhaber haben eine Webseite erstellt, auf der sämtliche Wasserhäuschen gelistet sind und sogar Diplomarbeiten dazu geschrieben.
Wasserhäuschen sind also ein gutes Stück Heimat und Alltagskultur, die wir gerne unterstützen. Dazu muss man nichts weiter tun als ab und an ein Wasserhäuschen zu besuchen und mit den Menschen dort etwas trinken. Und sollten demnächst doch noch Milchbuden für Furore sorgen, dann haben vielleicht wir ein neues Projekt gestartet, um die Frankfurter Trinkkultur zu bereichern.