Der Pilzsnack oder die Macht der Verpackung
Nach Pilzsuche und Pilzpatty sind aller guten Pilz-Dinge mindestens 3. Wir hatten aus den Patty Experimenten noch Pilze übrig und haben sie in unserem Dörr-Ofen getrocknet. Taste the Waste heißt bei uns ein Snack mit Umami-Würze auf der Basis getrockneter Pilze zu entwickeln. So entsteht ein vegetarischer Snack, der nicht nur knusprig lecker ist wie Chips, sondern den Suchtfaktor von fettig, tierischen Pork Rinds hat.
Multisensorische Rezeptentwicklung
Bei der Entwicklung unsere Produkte geht es uns um ein innovatives Konzept und sehr guten Geschmack. Aber Geschmack und Aroma ist nie nur das was direkt in Mund und Nase passiert. Geschmack entsteht schon viel früher. Das hat mit unserer Sozialisierung zu tun, mit der Esskultur, in der wir aufgewachsen sind und konkreter mit den Assoziationen, die wir mit einer Speise verbinden. Diese Assoziationen können auch durch Werbung beeinflusst sein. Im Falle der Snacks verbinden wir mit Pork Rinds ein animalisch, fettiges, Geschmacksbild. Um dieses nachzubilden reicht es aber nicht, nur den Geschmack nachzuahmen. Ein Snackprodukt, das zwar wie das Original schmeckt aber überhaupt nicht so aussieht ist keine gelungene Nachahmung. Bei Geschmack geht es also immer auch um das Aussehen, die Textur bis hin zu Temperatur oder auch um Geräusche einer Speise. Alles wirkt zusammen, denn Essen ist ein multisensorisches Erlebnis. Gerade bei Snacks wie z.B. Chips sind Geräusche sehr wichtig. Warum? Mit dem Knuspern beim Essen von Chips assoziieren wir Frische. Umso lauter das Geräusch, desto frischer erscheinen uns die Chips. Bleibt das Geräusch aus, reduziert sich auch der Genuss, wir verbinden das mit alten, weicheren Chips.
Die Multisensorik von Speisen ist noch etwas komplexer, denn auch die Umgebung beeinflusst maßgeblich unsere Wahrnehmung. Und zur Umgebung gehört neben Musik, Temperatur, Farben, Personen… auch die Verpackung. Die Verpackung ist also mitverantwortlich dafür, wie wir ein Produkt bewerten. Hier spielen wieder Farben, Texturen, Formen, etc. eine Rolle. Beispielsweise beeinflusst die Farbe einer Chips Packung die Geschmackswahrnehmung. Wird ein Geschmack mit einer bestimmten Verpackungsfarbe assoziiert z.B. rot mit der von Paprikachips, wird dieser Geschmack wahrgenommen, auch wenn eine ganz andere Sorte in die Tüte gegeben wurde, wie der Psychologe Charles Spence feststellte.
Wir haben derartige Einflüsse beim Wein selbst ausprobiert und sind als Verpackungsdesignagentur natürlich daran interessiert, diese „Macht der Verpackung“ zu verstehen und bestmöglich einzusetzen.
Pilz-Krabbenchip
Nun aber zurück zu unserem Pilzsnack. Der soll also nicht nur durch geschmackliche Tiefe überzeugen, sondern auch optisch an Snacks erinnern, die geschmacklich besonders sind. So verstärken wir über das Aussehen auch den Geschmack unseres Snacks. Dazu machen wir einen Pilzsnack auf der Basis von Stärke. Wie Krupuk (Krabbenchips) kann der frittiert werden und erinnert aufgepoppt an die knusprig krossen Pork Rinds aus Schweineschwarte.
Als ersten Schritt pulverisieren wir die Pilze zu einem feinen Mehl. Das mischen wir mit Meersalz und verfeinern die Mischung mit getrocknetem Essigpulver. Anschließend kochen wir aus frischen Pilzen einen Pilz-Sud, den wir auf 1/3 der Menge reduzieren, um den Geschmack zu konzentrieren.
Die Stärke der… Stärken
Wir probieren als Stärkegrundlage drei verschiedene Varianten aus:
- Tapiokastärke (die klassische Grundlage für Krupuk)
- Klebreismehl
- Kartoffeln
Wir starten mit der Tapiokastärke und mischen hierfür die Stärke mit dem Pilz-Sud, Salz und Eiweiß. Anschließend wickeln wir die dickflüssige Masse in Frischhaltefolie und danach in Alufolie ein. Die „Stärke-Wurst“ kochen wir nun für eine Stunde in leicht siedendem Wasser. Die Masse wird dabei fest, denn die Stärke hat beim Kochen die komplette Flüssigkeit aufgenommen. So werden auch Krabbenchips hergestellt, nur dass bei uns der Geschmack nicht von Krabben, sondern von Pilzen kommt.
Für die 2. Variante verwenden wir Klebreismehl. Von der Rezeptur verhält es sich genau gleich zu unserer ersten Version. Auch diese Masse kochen wir wieder in siedendem Wasser.
Pom-Pilz
Für die 3. Variante verfolgen wir den Gedanken eines großen Herstellers der kleine Kartoffelbärchen auf den Markt gebracht hat. Auf der Basis von Kartoffeln, Kartoffelstärke, unserer Pilzessenz, Sojasauce und Salz stellen wir eine Masse her, die wir aufstreichen, trocknen und anschließend frittieren. Hierfür kochen und stampfen wir die Kartoffeln, vermengen sie mit Stärke und schmecken die Masse mit Pilzessenz, Sojasoße und Salz ab. Aus Moosgummi haben wir eine Pilz-Form ausgeschnitten, so können wir die Masse in Form bringen und gleichzeitig sicherstellen das jeder Pilz das gleiche Gewicht und die gleiche Dicke hat. Und natürlich kann sich die Form auch wieder auf den Geschmack auswirken, denn wir wecken bereits dadurch Pilzassoziationen. Die ausgestrichenen „Kartoffel-Pilze“ lassen wir im Dörr-Ofen 8 Stunden bei 45 °C trocknen.
Die Tapioka-Masse und Klebreis-Masse befreien wir nach dem Garen von der Folie, schneiden sie in 2 mm dicke Scheiben und stechen sie mit einem Pilz-Ausstecher aus. Anschließend legen wir sie in den Dörr-Ofen um sie ebenfalls 8 Stunden bei 45 °C zu trocknen. Die Pilzchips müssen trocknen aber eine Restfeuchtigkeit behalten, damit sie gleichmäßig und feinporig aufpuffen. Die getrockneten Chips frittieren wir wenige Sekunden sortenrein in sehr heißem Pflanzenöl, entfetten sie kurz und bestreuen sie dann mit dem Pilz-Würzsalz.
Die Macht der Verpackung
Zum Schluss haben wir drei verschiedene Chips aus Tapioka, Klebreismehl und Kartoffel. Unser Favorit ist die Variante mit der Tapiokastärke. Textur, Mundgefühl und Geschmack konnten uns überzeugen. Der Klebreis hat leider nicht so gut gepufft, genauso wie der Kartoffelpilz.
Unser Snack lässt sich als Pilzchip, Krabbenbrot oder Pork Rind genießen. Als was er wahrgenommen wird entscheidet wesentlich die Verpackung und die durch sie geweckten Assoziationen mit. Aromatisch kann man das natürlich zusätzlich steuern aber allein die Macht der Verpackung wirkt manchmal Wunder.