Wie Tropenfrüchte nachhaltig aus Europa kommen könnten –auch durch den Klimawandel
Was viele nicht wussten: Im Norden Bayerns ist es tropisch. So sehr, dass Mango, Maracuja und Drachenfrucht dort wachsen. Hört sich nach Klein Eden an…
Melanie Hohner vom Tropenhaus am Rennsteig, das an der Grenze von Bayern und Thüringen liegt hat mit Can aus dem Food Lab geredet über Saboten und andere Tropenfrüchte geredet, die in Zukunft nicht mehr aus Übersee in den Supermarkt kommen müssen.
Can: Das Tropenhaus feiert dieses Jahr 10-jährigen Geburtstag, Glückwunsch erstmal dazu! Was hat sich in der Zeit am stärksten geändert bei euch?
Melanie: Ich glaube der Hauptunterschied ist, dass ursprünglich alles in Erdkultur produziert wurde und wir jetzt hauptsächlich in Topfkultur arbeiten. Das ist einfach ein Learning gewesen, da man ja versucht hat zu kopieren, was in den Ursprungsländern mit Tropenfrüchten passiert. Und dann musste man halt das ganze System anpassen, damit es auch wirklich in Nordeuropa funktioniert.
Und wie genau funktioniert es, dass ein ganzer Baum in so einem Topf wächst?
So ein Duchschnittstopf hat 90 Liter Substratvolumen. Das ist nicht viel, aber dadurch, dass wir die Nährstoffe, Wasser und Dünger konzentriert hinzufügen können, reicht das.
Und welche Pflanzen wachsen bei euch?
Maracujas, Drachenfrüchte, wir haben Guaven, Mangos und auch 2 Jackfrüchte. Wir hatten auch Saboten, die haben wir allerdings eliminiert.
Saboten?
Ja, das ist Schokoladenpuddingfrucht. So ähnlich schmeckt das tatsächlich auch. Es wurde vieles angepflanzt und probiert. um dann durchs Ausschlussprinzip runterzuarbeiten, was macht überhaupt Sinn? Bei vielem konnte man von vornherein schon sagen, das macht nie wirtschaftlich Sinn. Wir können nie Bananen für 1,50 € pro Kilo produzieren oder Ananas oder ähnliches, weil da einfach der Konkurrenzdruck zu groß ist. Also hat man sich auf Flugobst konzentriert. Und da ist man eben auf Papayas und Sternfrüchte gestoßen.
Du erwähnst Wirtschaftlichkeit. Wenn ich das auf der Webseite richtig gelesen habe, ist das Tropenhaus ja als Forschungsprojekt gestartet. Müsst ihr nun anders arbeiten?
Also das Tropenhaus selber ist eine gemeinnützige Einrichtung zum Zweck der Forschung zum Thema Nachhaltigkeit, und es ist finanziert worden mit Fördermitteln und wir sind 25 Jahre zweckgebunden. Das heißt, das Tropenhaus selber kann jetzt nicht wirtschaftlich als solches agieren, aber es war schon angedacht, dass man dann die Erkenntnisse aus der Arbeit vermarktet.
Es ist unsere Aufgabe, die Leute wachzurütteln.
Und wer ist da euer Kooperationspartner?
Zurzeit ist unser Hauptkooperationspartner die Hochschule Weihenstephan Triesdorf, bzw. das Institut für Gartenbau dort.
In einer Reportage, die vor einigen Jahren über euch gedreht wurde, habt ihr mal gesagt, dass ihr euch wünscht, dass es Nachahmer gibt. Ist der Wunsch denn in Erfüllung gegangen?
Also wir sind ja selbst Nachahmer eines schweizer Projekts. Aber ja, in Süddeutschland bei Bad Aibling gibt es was mit einer Biogasanlage.
Ihr benutzt ja Abwärme von einem Industriebetrieb. Und das ist ja nicht der einzige in Deutschland, die produzieren ja alle Wärme. Gibt es da so eine Art Blueprint um das zu systematisieren? Aus Laiensicht würde das ja nachhaltig total Sinn ergeben.
Genau das ist mein Job, dieses Konzept aufzubauen. Ich bin jetzt seit einem halben Jahr im Tropenhaus und muss jetzt schauen wie es aus technischer Sicht ausschaut und wie die Kosten sind, weil am Ende steht und fällt es mit der Wirtschaftlichkeit.
Aber auch Standortfaktoren sind Teil vom Konzept das Nachahmer bedenken müssen. Bei uns fällt mehr Schnee als beispielsweise in Essen. Dort könnte man also von vornherein mit Fußbodenheizung arbeiten und nicht wie bei uns die Heizanlage unters Dach bauen um Schnee schmelzen zu können.
Lass uns mal in die Zukunft gucken. Was sollte sich in den nächsten 15 Jahren beim Anbau von Lebensmitteln und Tropenfrüchten im Speziellen in Deutschland verändern?
Der Anbau von tropischen Früchten in Nordeuropa ist definitiv konsumentengesteuert. Viele Konsumenten sind sich aber gar nicht bewusst wie energieschädlich das Obst im Supermarkt ist, und das ist auch ein bisschen unsere Aufgabe, die Leute wachzurütteln. Unser nächstes Projekt ist die Water Footprint Analysis bei Kirschtomaten. Die meisten Leute wollen einfach nicht wissen, dass die Gemüseproduzenten rund ums Mittelmeer mit dem Trinkwasser für die Bevölkerung in Konkurrenz stehen. Aber die Konsumierenden wollen ein Kilo Tomaten für 2 € im Supermarkt kaufen.
Feigen, Kiwis und Granatäpfel wachsen schon jetzt in Nordeuropa.
Aber siehst du es als realistisch, dass in 10 Jahren ein signifikanter Anteil der Tropenfrüchte, die wir im Supermarkt kaufen können aus Deutschland oder zumindest Europa kommt?
Aus Deutschland weniger, aus Europa, genauer genommen Südeuropa eventuell schon. Zum Wachstum und gedeihen von Pflanzen braucht es nicht nur Wärme, Wasser und Nährstoffe sondern auch Licht und in unserem Winterhalbjahr ist Licht einfach nicht in ausreichender Menge und Qualität vorhanden. Künstliche Belichtung ist zwar technisch machbar, wie nachhaltig das dann allerdings ist, steht auf einem anderen Papier.
Ist das beim Gemüse anders? Gibt es was, das wir aktuell nicht aus Deutschland bekommen, in Zukunft aber schon?
Da wäre die Süßkartoffeln zu nennen. Die wird traditionell hauptsächlich in Amerika produziert, aber es gelingt vermehrt sie in Europa zu produzieren. Und auch immer weiter nördlich, weil die Anbaubedingungen optimiert sind – auch durch den Klimawandel. Und das wird auch andere Produkte betreffen. Feigen, Kiwis und Granatäpfel wachsen schon jetzt in Nordeuropa. Es rückt alles weiter nach Norden vor.
Wir fahren beim nächsten Trip gen Osten an Klein Eden vorbei und bedanken uns für das Interview.