To label, or not to label…

Nichts macht eine Verpackung attraktiver als ein ansprechend gestaltetes Etikett. Wer performen will am POS, muss auffallen. Und wer besonderes schön sein will, muss leiden – und zwar bei der Recyclingfähigkeit. Farben, Kleber und Veredelungen wirken sich negativ auf die Qualität von Rezyklaten aus.
Aus Design-for-Recycling Sicht ist also das beste Label gar kein Label. Wir wagen einen Blick in eine Zukunft ohne Etikette und visualisieren mit Hilfe künstlicher Intelligenz label-lose Alternativen.

Muss eine Verpackung überhaupt recyclingfähig sein?

Kurz gesagt, ja. Ende April 2024 stimmte das Europäische Parlament der geplanten Packaging & Packaging Waste Regulation zu, die den Umgang mit Verpackungen im gesamten EU-Raum vereinheitlicht. Dabei soll Müll reduziert und der Einsatz von Rezyklaten gefördert werden, z.B. durch den sogenannten Mindestrezyklatanteil bei Kunststoffverpackungen. Letzterer fordert verpflichtende Mindestziele, die sich stufenweise erhöhen – auch für Lebensmittelverpackungen. Doch aktuell gibt es weder die dafür notwendige Qualität, noch die Menge an wiederverwerteten Materialien.
Nur rPET (PET aus dem Pfandsystem) erfüllt stand heute die Qualitätskriterien, die für einen sinnvollen Wiedereinsatz bei Lebensmitteln nötig sind (mehr zu PET hier). Andere Kunststoffe haben zur Zeit weder die Zulassung, noch die nötigen Verwertungssysteme, um zu „gutem“ Rezyklat werden zu können.
Ergo: alle wollen hochwertige Rezyklate, aber wir haben viel zu wenig davon.

Ohne Label, dafür mit Textur - Pfirsicheistee mit Pfirsichhaut 

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Ohne Label, dafür mit Textur – Pfirsicheistee mit Pfirsichhaut

Was hat das Label mit der Rezyklatqualität zu tun?

99% der Kunststoffverpackungen, die es durch die Sortieranlage schaffen, landen im mechanischen Recycling. Bei diesem Prozess werden die Verpackungen gewaschen, geschreddert und zu neuen Granulaten verarbeitet. Je mehr „Störstoffe“ eine Verpackung enthält, also Additive, Druckfarben oder Komponenten aus anderen Materialien, desto schlechter für das Granulat.
 Dr. Christian Kirchnawy vom Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (OFI) beschäftigt sich mit neuen Methoden für die Sicherheitsbewertung von Lebensmittelverpackungen, um unbekannte Kontaminanten einfacher zu bewerten. Das Team um Dr. Kirchnawy untersucht dabei auch, ob beim Recycling von bedruckten Verpackungen kritische Abbauprodukte entstehen können. Die Forschung ist noch nicht abgeschlossen. Eines steht aber laut Dr. Kirchnawy bereits fest: Druckfarben auf Etiketten sind generell für das Recycling nicht wünschenswert, sowohl aus optischen als auch aus lebensmittelrechtlichen Gründen.“


Kontamination durch Druckfarben zu vermeiden ist keine einfache Aufgabe. Ein Lösungsansatz ist die Entwicklung neuer chemischer oder biochemischer Recyclingtechnologien, bei denen Farben und Verunreinigung besser gefiltert werden. Ein anderer ist die Optimierung von Produkten für das bestehende mechanische Verfahren – zum Beispiel durch das Eliminieren von Etiketten.
Auch im Papierrecycling stellen mineralölhaltige Druckfarben ein großes Problem dar. Zwar kommen sie meistens aus Zeitungsdruck in den Papierkreislauf, können aber auch von Verpackungen stammen. Über die Verwendung von Altpapier in Lebensmittelverpackungen können diese gesundheitsschädlichen MOSH/MOAH-Komponenten in die Lebensmittel selbst gelangen.

Wie kann man ohne Label kommunizieren?

In der Konsequenz könnte man also denken, vollständig auf Druck zu verzichten wäre der beste Weg. Aber wie kann so ein druckfreies Produkt aussehen?
Die Großen machen es vor. Von Januar bis März 2024 testete die Coca-Cola Company Sprite Flaschen ohne Label auf dem britischen Markt. Die Produktinformationen wurden dabei per Laser direkt in den Flaschenkörper graviert, das Sprite-Logo wurde großflächig geprägt. Durch den ikonischen Schriftzug und die bekannte Flaschenform ist die Marke noch klar erkennbar. Die Sortenvariationen werden über die Deckelfarbe kommuniziert. Faktoren wie Lesbarkeit und Barrierefreiheit leiden natürlich in der druckfreien Variante. Wie der Versuch bei den Konsumenten ankam, wurde bis dato noch nicht bekannt gegeben.

Coca Cola flasche geprägt ohne Etikett
Bildquelle: The Coca Cola Company

In unserem Visualisierungs-Experiment gehen wir noch einen Schritt weiter, und verzichten vollständig auf Wort und Schrift. Mit Unterstützung KI-basierter Software versuchen wir uns an Konzepten, die nur über das Aufgreifen typischer Produktmerkmale haptisch und optisch kommunizieren. Ob Fischschuppen auf der Sardinendose, haariger Pfirsicheistee oder Käseverpackung mit Löchern – der Inhalt einer Verpackung lässt sich über typische Muster und Texturen wiedergeben. Die kann man nicht nur sehen, sondern auch erspüren.
Was über den Inhalt hinausgeht, lässt sich ohne Worte natürlich schwer darstellen. Das Ausweichen auf einen QR-Code könnte eine Kompromiss-Lösung sein, über die sich der Konsument allerdings nicht freuen würde.

Fazit:
Eine Zukunft ganz ohne Etikette wäre etwas trist. Aber sie neu zu denken, alle Sinne einzubinden und raffinierter und reduzierter zu kommunizieren – das ist das Label, das wir uns aufkleben werden.

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